Balaton-Supermarathon Donnerstag, 17.3. bis Sonntag, 20.03.2011

Vorüberlegungen : Warum Balaton ?

Nach meinem anstrengenden Vortasten in Richtung noch längere Strecken in 2010 (12-Stunden-Lauf Basel), hatte ich mir für 2011 den Versuch eines ersten Ultra-Etappenlaufs vorgenommen. Es sollte erstmal nicht allzu lang und eher am Saisonanfang sein, so dass man bei Gefallen ggf. noch einen nachschieben kann.
In die engere Auswahl kam auch der Etappenlauf im Bergischen Land, der mir aber mit dem Konzept der 5 einzelnen Runden und dem Kennlernen der Gegend beim Röntgenlauf 2010 weit weniger attraktiv vorkam.
Dagegen reizte es, den Plattensee wiederzusehen, an dem ich 1993 mal im Sommerurlaub war. Der See wird hier in einer Länge von 195.4 km im Uhrzeigersinn in 4 Tagesetappen umlaufen. Dabei dienen 2 Hotels als Unterkunft. Zu den übrigen Start- bzw. Zielorten finden Bustransfers statt.


Anreise

Nach Budapest gibt es bei zeitiger Buchung billige Flüge für unter 100 Euro hin und zurück, wofür man alleine nicht mal eine Strecke Autofahren kann, so dass ich flog. Man muss zwar mit Bus, Metro, Bus bis zum Zug mehrfach umsteigen, aber das Ganze kostet auch nur 12 Euro bis zum Startort Siofok. Dort war es mit 13 Grad warm, was sich auch in der Nacht nur auf 12 Grad abkühlte.
Bei der Anmeldung erhält jeder eine Sporttasche und detailliertes Infomaterial. Im Hotel erkannte ich gleich Roland Riedel, den ich als Mitkonkurrenten auf Spitzenplätze einstufte, aber im Tempo wohl etwas überschätzt habe. Die Hotelzimmer waren unangenehm überheizt, was im Zimmer nicht regulierbar war.


Blick von der 8. Hoteletage nach unten *3


Und von unten nach oben *3


Etappe 1 : Siofok - Fonyod, 46.7km


Am Start direkt beim Hotel *1


Nach km 2 von 195 *1


Der Tag begann übel : Das Frühstück blieb nicht drin. Nach mehrfachem Übergeben vorm Lauf (kam es vom Abendessen, dem überhitzten Zimmer oder Magnesium auf nüchternen Magen ?) startete ich vorsichtig. Es regnete in Strömen, was wiedermal Schlangenlinien um tiefe Pfützen erforderte.
Das Südufer ist durchgehend bebaut und alles sieht ähnlich aus : man kann kein Ortsende oder -anfang erkennen ! Fest steht : Den schönsten Badestrand gibt es in Zamardi !
Ich steigerte dann langsam und überholte zahlreich : Bei km 15 die schnellste Frau, die sehr unruhig lief, so dass ich dachte : so wird das aber nix. Bei km 20 Richard aus Südtirol, jenseits der 30 dann den sympathischen Balint aus Budapest und einen gehenden "Janos Bogar". Den Namen kenne ich doch irgendwoher ? Richtig : Die DUV-Datenbank weist ihn als den bekannten Ungarn mit Riesenhistorie und Bestleistungen wie z.B. Spartathlon-Sieg aus.
Bis zum Ziel hatte man wegen der zahlreichen Staffeln keinen Überblick über seine Position. In der Etappenwertung kam ich auf Platz 5.
Vor der Rückfahrt ins Hotel kann man sich bereits im Bus wärmen und erholen.


Zieleinlauf schnellste Frau des 1. Tages *2


Am Ziel in Fonyod : Blick Richtung Nordufer *2


Heimfahrt im Bus : Blick von der Autobahn auf die Halbinsel Tihany *2


Etappe 2 : Fonyod - Szigliget, 52.9km

Heute wurde die Strecke abwechslungsreicher : Zuerst wurden die Häuschen kleiner, dann kam ein Schilfgebiet und hinter dem Nordufer war es bergig.
Alle Verpflegungsstände sind von Anfang an umfangreich bestückt und dies auch noch läufergerecht portioniert, d.h. das Personal war gut eingewiesen worden ! An jedem Stand gab es Bier (wo ich doch sonst nie weiterziehe, solange das Freibier nicht alle ist ...), was man aber oft aus Verwechslung anstelle von Tee griff. Den Aufwand, je getrennte Verpflegungstische für Einzelläufer und Staffeln aufzubauen, könnte sich der Veranstalter meiner Meinung nach sparen.
Es kristallisierten sich bereits diejenigen heraus, die am ersten Tag überdreht hatten. Bis km 20 hatte ich im konstanten Balint einen perfekten Pacemaker, in der Dreiergruppe war noch der junge Sieger des ersten Tages (Adam Zahoran) dabei, der aber schon unregelmässig lief. Dann war ich plötzlich allein bis von hinten zwei zusammen laufende Litauer überholten. Diese waren mir zwar minimal zu schnell, aber da starker Wind aufkam, blieb ich noch von km 30 bis 45 dran. Dann liess ich abreissen, zum Schluss hin kam ich aber fast wieder ran, da wohl einer schwächelte. Wieder erst im Ziel wurde klar, dass wir die Plätze 1 bis 3 belegten, danach kam eine grosse Lücke. In der Gesamtwertung damit schon auf Platz 4.
Ich erkannte, dass die Litauer voll auf Sieg liefen, denn schon an diesem zweiten Tag (!) hatte einer von Ihnen die Startnummern und Zeitdifferenzen aller potentiellen Konkurrenten aufs Handgelenk geschrieben !
Das Abend-Büffet in Balatonfüred fand in einem Restaurant statt, wo die Qualität besonders exquisit war. Die riesigen Mengen, die Ultraläufer verdrücken, versuchte man wohl durch Bedienungen am Büffet zu kontrollieren - natürlich erfolglos ...


Startaufstellung nach der Platzierung des Vortages *1


Unterwegs mit Balint, im Hintergrund bereits die Litauer *1


Das Ziel ist heute oben auf dem Berg, vor mir die Litauer *2


Etappe 3 : Badacsony- Balatonfüred, 43.6km

Brr, was für eine Kälte ! Vorm Start bibberte man im Umkleidezelt und hoffte, dass es endlich losging, damit man warm wurde. Etwas weiter östlich gab es sogar Schneeschauer ! Zum Glück kam der heftige Wind dann doch nicht die ganze Strecke von vorn.
Heute kam durch eine Karawane hupender Begleit-Autos so etwas wie Tour-de-France-Feeling auf. Zeitweise verlief die Strecke in grösserem Abstand vom Wasser, z.B. wurde hinter der Halbinsel Tihany abgekürzt.
Die 3. Etappe wollte ich unbedingt gewinnen. Es lief auf einen höllischen Endspurt mit den beiden Litauern hinaus, die aber stärker waren und knapp vor mir eintrafen. In der Gesamtwertung lagen die Litauer damit 10 min vor mir, nach hinten hatte ich nun bereits 30 min Luft ! Gesamtplatz 3 war vorm 4. Tag ziemlich sicher.
Das Stück vom Ziel bis zum Hotel fror ich trotz Trainingsanzug so, dass ich mich erstmal ungeduscht eine Stunde unter die Bettdecke verkroch. Obwohl an diesem Nachmittag ohne Bustransfer viel Zeit blieb, wollte man bei diesem Wetter nicht nochmal vor die Tür. So beanspruchte ich mal das Angebot der Massage im Hotel, obwohl ich sonst nicht viel davon halte. Die Masseusen waren täglich bis spät abends im Einsatz.


Roland Riedel am Start von Etappe 3 *2


Blick auf Restaurant und die Halbinsel Tihany *3


Etappe 4 : Balatonfüred - Siofok, 52.2km

Bitte, bitte, nicht wieder so kalt ! Danke, zum Start wurde die Wolkendecke dünner, es wurde heiter und 8 Grad warm. Den Scherz, ob uns der Bus nach der Gepäckverladung auch die 500m zum Start fahren könne, nahm ein Helfer wohl etwas zu ernst.
Die Staffeln starteten 30 min später, so dass man heute Überblick über die Positionen bekam. Der Ungar Balint machte vom Start weg schnelles Tempo und wurde von den Litauern, in deren Schlepptau ich lief, ziehen gelassen. Wir erblickten ihn erst wieder bei km 29 und überholten ihn bei km 32.
Die Strecke wieder abwechslungsreich mit Orten, freier Landschaft, kleinen Bahnhöfen mit lustigen Namen wie Balatonfüzfö, Hecken und als Highlight kurz vor Schluss das Erklettern von 55 Höhenmetern auf die "Klippen", um einige Kilometer lang die tolle Aussicht von der Galerie geniessen zu können. Die letzten 10 km heisst es dann Auslaufen auf Seehöhe, wobei man die letzten 2 km direkt neben der Brandung auf den weit sichtbaren Zielbogen zuläuft. Es ist ein ergreifendes Gefühl, nach 4 Tagen wieder genau dort anzukommen, wo man 4 Tage vorher gestartet war ! Wow, diesen riesigen See habe ich geschafft !
Im Ziel wieder die gewohnte Reihenfolge wie in der Gesamtwertung : die starken Litauer vor mir und weiteren Läufern. Nach Etappe 4 hatte sich mein Rückstand auf 16 min erweitert, der Vorsprung vorm Vierten aber auch auf 50 min. So erreichte ich in meinem ersten Ultra-Etappenlauf Platz 3 in Gesamt- und Altersklassenwertung mit einer Gesamtzeit von 14:24:23h, was einem Temposchnitt von 13.6km/h entspricht !


Verfolgung der zwei Litauer am 4.Tag *1


Zieleinlauf nach Etappe 4 *1


Zieleinlauf nach Etappe 4 *1


Siegerehrung Männer Altersklasse 41+ *3


Siegerehrung Männer Altersklasse 41+ *3


Siegerehrung in der Hotelhalle *3


Die 6 deutschen Teilnehmer : ein Bottroper, 4 Schwaben und ein Fuldaer *3


Die 6 deutschen Teilnehmer : ein Bottroper, 4 Schwaben und ein Fuldaer *3


So tot ist die Partymeile in Siofok im März *3


Folgetage

Das Wetter war ab Montag wieder sonnig und frühlingshaft warm. Der Monster-Appetit reduziert sich bereits am Tag danach wieder.
Es war ein Fehler, einen weiteren Urlaubstag in Siofok zu buchen. Siofok ist im März so tot, dass man Probleme hat, eine Postkarte zu bekommen. Sinnvoller wäre eine Übernachtung im wundervollen Budapest gewesen, was ich jedoch so am Abreisetag noch erkunden konnte. Beim Heimflug im Sonnenuntergang gab es dann noch einen ausgiebigen Blick von oben auf den See als Ganzes und wieder dieses Wow-Gefühl !


Ufer und Park beim Hafen von Siofok *3


Die Siofok liegt im Hafen *3


Unsere Ferienwohnung von 1993 *3



Der Bahnhof von Siofok *3


Die evangelische Kirche mit beeindruckender Architektur *3


Auf der Margareteninsel in Budapest *3


Eine der klapprigen Budapester Metros *3


Fazit eines Anfängers und Trainingsminimalisten

Da es mein erster Ultra-Etappenlauf war, ging es vor allem darum, Erfahrungen zu sammeln. Bisher humpelte ich jeweils am Tag nach einem Ultra. Wie man damit mehrere Tage durchlaufen kann, war mir unklar. Aber etwas langsameres Tempo und das geht problemlos : Am zweiten Tag war ich lockerer als am ersten ! Man muss nur täglich etwas die Problemstellen pflegen.
Als Vorbereitung hatte ich in 2011 noch keinen Lauf über 28km gemacht, jedoch bereits 8 Läufe über 20km, was für mich ungewöhnlich viel ist. Haupttraining war eine Radtour über 144km, sowie 65km und 48km Radeln an den Folgetagen. Danach fühlte ich mich fit für den Etappenlauf.
Ich war mir sicher, dass es eine gute Platzierung wird, jedoch auch, dass ich den Streckenrekord aus 2009 von 13:52h (14.1km/h, überirdisch !) eines jungen Ungarn nicht erreichen kann. Ein Etappenlauf erwies sich als passender für einen Minimaltrainierer wie mich mit unter 30km/Woche als die langen Strecken, wo ich oft Durchhalteprobleme bekomme. Und ich hatte hier von Anfang an das optimale Tempo getroffen !
Man wird mich also noch öfter bei Etappenläufen antreffen ...

Fazit zur Veranstaltung

2011 liefen 160 Einzelstarter, 40 Paare, sowie 90 Staffeln um den Plattensee. Hinzu kammen noch 2-Tages- sowie Einzeletappenläufer, so dass insgesamt 900 Sportler aus 16 Ländern starteten !
Die Organisatoren bieten eine Rundum-Versorgung von der Buchung der Hotels mit Halbpension, über die Bustransfers und den Riesenaufwand von täglichem Auf- und Abbau von Zelten und Verpflegungsständen. Dabei denken sie auch an solche Details wie Gepäcksortierung mit farbigen Bändchen, Wärmefolien im Ziel, genaue 5km-Markierungen und dass den Sportlern selbst beim Queren von Bundesstrassen allzeit Vorfahrt gewährt wird. Der Zeitmesschip ist zwar ungewöhnlich und benötigt Kontakt zu einem Kästchen, funktionierte jedoch tadellos. Mir sind keinerlei Pannen aufgefallen.
Enttäuscht war ich am ersten Tag von der fast nicht vorhandenen Zielverpflegung, was aber durch Überreichen einer Tüte mit Ess- und Trinkbarem ausgeglichen wird und sogar den Vorteil hat, dass man diese in Bus und Hotel mitnehmen kann.
Man kann somit die 4 Tage auch ohne eigene Ausgaben (Geldumtausch !) durchkommen.
Kritisieren kann man am ehesten noch die Internet-Information :
- Eine vorher einsehbare Starterliste hätte evtl. die ein oder andere gemeinsame Anreise ermöglicht
- Wenn hier keine täglichen Etappenwertungen veröffentlicht werden, hätte man einen Link auf die Zeitmessfirma setzen sollen
Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist aus deutscher Sicht super, auch wenn ein Ungar sagte, nicht alle Ungarn könnten sich einen solchen Lauf leisten.
Ein Lauf um einen See ist halt eine "runde Sache" !

Infos und Empfehlungen (ergänzt 2013) :


Laufberichte Thomas Herget, LG Fulda

Bildlegende :
*1 : Bilder von der Veranstalter-Homepage, Eigentum von Budapest Marathon
*2 : Bilder von meiner Low-Quality-Mini-Kamera, die ich beim Laufen dabei hatte
*3 : Bilder von meiner hochwertigen Digitalkamera