Bei diesem meinem nun 9. Ultra-Etappenlauf handelt es sich um einen kleinen
familiären, dafür mit besonderen landschaftlichen Reizen !
Veranstaltet von Christoph Allemann (Bielersee XXL)
und seiner Frau Esther. Christoph radelt und markiert vor uns auf der
Strecke, Esther transportiert mit einem Kleinbus unser Gepäck und managt
den Verpflegungspunkt jeweils ziemlich genau bei der Tageshälfte.
Die Unterbringung erfolgt in eher kleineren Hotels, wo Abendessen und
Frühstück inclusive sind.
Es haben sich 9 angemeldet : 1 Italienerin, 7 Schweizer und ich als einziger
Deutscher, davon wollen 2 je nur die halbe Distanz laufen.
Die Gesamtstrecke der 6 Etappen beträgt 322 km mit 5014 Höhenmetern
Anstieg. Für mein arthrosebedingtes Wochenpensum der letzten Jahre
von 10 km ist die Anmeldung hierzu ein ziemliches Harakiri, das Hop oder Top
ausgehen konnte. Es war mir klar, dass ich jeden Tag in der zweiten
Hälfte Gehpausen benötigen würde.
Treffpunkt ist in Bargen, dem nördlichsten Dorf der Schweiz.
Hier habe ich vorher im Auto übernachtet, bekomme aber nichtmal
einen Kaffee zum Frühstück, da die Tankstelle noch zu hat.
Nach der Einweisung auf Schwyzerdytsch (wo blieb der Dolmetscher ?) werden
wir zum Grenzstein auf etwa 830m Höhe gefahren. Von dort geht es
zuerst zusammen mit Marco an der Spitze im kleinen Tal bergab bis
Schaffhausen auf 400m. Wegen der Hitze brauche ich dort bereits erste Gehpausen.
Auf der Bahnbrücke oberhalb des Rheinfalls gibt meine nun schon 3.
MiniKamera den Geist auf. Danach überholt mich Edi und kurz
vorm VP in Rheinau auch Thomas L.. Nach einem hübsch schattigen
Rheinuferabschnitt folgt eine Ebene in praller Sonne, wo ich eine Dose
Cafe, der nach Energy schmeckt, auskotze. Dann wieder km-lang ein
traumhafter Wanderpfad an touristisch genutzter Rheinschlucht, wo
mich Pierre und Paola überholen, so dass ich Vorletzter bin.
Das wird mit endlosem Treppenaufstieg 120 Höhenmeter (!) hoch
Richtung Bülach, Flughafen und Glatt beendet.
Die letzten km an der Glatt ohne Pfeile ziehen sich derart, dass ein Radler,
den ich befrage, sogar für mich Getränke kaufen fährt !
Treffpunkt in Bargen auf 610m Höhe *1
Edi am Startpunkt im Norden der Schweiz *1
Am Rheinufer in Schaffhausen *1
Das letzte Bild : Brücke oberhalb des Rheinfalls *1
Ein schattiger Wanderpfad am Rhein ... *2
... der hier touristisch genutzt wird. *2
Erkenntnis des Tages : Die Schweiz hat viele Brunnen, aber wenig
Ruhebänke oder Kilometrierung an Wegweisern.
Über Nacht hat es geregnet, aber die Feuchte macht es am Anfang
umso schweisstreibender. In Zürich klebt mir Christoph Alleman
ein Pflaster auf eine Scheuerstelle und kurz danach laufe ich einen Umweg,
wodurch ich aber einen Blick auf den Zürichsee (410m) erhasche.
Dann geht es angenehm still laufbar am Sihlufer aufwärts
bis zum VP am Kreisel in hässlichem Industriegebiet.
Nach einem Hügel bis auf 580m geht es erst tief hinunter auf 505m in den
Höllgrund mit touristischer Grotte, wo mich Thomas L. abhängt und
von dort ununterbrochen durch eine Schlucht bergauf bis zum 724m hoch
gelegenen Aegerisee.
Als nach endlosen "Betreten verboten"-Schildern endlich eine
öffentliche Bank kommt, mache ich 15min Sekt-Pause.
Am geschichtsträchtigen Ufer, wo 1315 bei Morgarten die Habsburger in
den See getrieben wurden und die Schweiz begründet wurde, geht es weiter
hinauf auf 800m nach Sattel. Die lange Rampe hinab in die Altstadt Schwyz
(510m) kann ich trotz konstantem Gefälle und gutem Teer nicht durchlaufen.
Mein Befinden war heute OK und ich erreiche trotz Pause Platz 3.
Am Bahnhof Zürich über die Limmat *2
Erste Sicht auf Berge aber erst hinab in die Höllgrottenschlucht *2
und hier stellenweise neben Thomas L. *2
Etwa in der Mitte der Schlucht : 3 Brücken aus verschiedenen Materialien *2
Sektpause am Aegerisee *2
Historisches am Marktplatz von Schwyz *2
Erkenntnis des Tages : Die Schweizer Getränkemärkte kennen weder
Schorlen noch Colabier noch Pfand und Radler heisst hier Panaschee !
Wieder hat es nachts geregnet und tags wird es sonnig. Nach leichtem bergab
erreichen wir in Brunnen den Vierwaldstätter See (434m) an dessen
östlichen Ufer wir auf traumhafter und mit Tunneln gespickter
Panoramastrecke Ausblicke geniessen. Mein Magen verweigert heute die Aufnahme
von allem, schon beim Ansetzen von Wasser hebt es mir. Somit sind ab Seeende
in Altdorf wieder Gehpausen am Reuss-Ufer angesagt. Mit Pause bei Esther geht
etwas salzige Brühe.
Den Rest will ich weitgehend gehen und wundere mich doch, wie spät mich
die ebenfalls am VP getroffenen Edi + P&P erst überholen. Mit zunehmender
Höhe wird die Luft kühler und es weht leichter Rückenwind.
An einem schönen Platz in Gurtnellen mache ich nochmal 10min Rast bevor
weitere steile Anstiege in praller Sonne ins Ziel auf 1100m führen.
Von Tunnel zu Tunnel überm Vierwaldstätter See *2
Traumhafte Sicht auch im Blick zurück *2
Im Felshang über dem Reuss-Tal *2
Erkenntnis des Tages : Die Schweizer Fenster haben meist keine
Kippstellung !
Die ersten km geht es steil bergauf, aber der Radweg ist neu geteert !
Nach der Teufelsbrücke schont uns von Andermatt bis Hospental,
wo ein Extra-VP wartet, eine Art Hochebene auf 1440m. Dann geht es romantisch
aber nicht laufbar, da mit durchschnittlich 9% zu steil und zu steinig,
über Almwanderwege bis auf den Pass.
Auch bergauf wäre wohl die Strasse schneller gewesen.
Bergab ist uns freigestellt, ob wir die Strasse mit ihren Kehren ("Tremolo")
oder den noch steileren Wanderpfad nehmen. Ich bin froh, endlich wieder
laufen zu können und nehme die Strasse. Lediglich die letzten Kehren
sind weit ausladend und wohl nicht empfehlenswert. Hinterher sagt man mir,
dass ich damit 5km mehr gelaufen bin. In Airolo auf 1170m wartet am
Kirchplatz Esther und ich trinke Kamillentee.
Während es nördlich von allen Seiten rauscht, ist es nicht zu
übersehen, dass auf der Südseite einige Bachbetten trocken liegen.
Talabwärts entlang des Ticino wird es dann richtig heiss und es zieht
sich. Mein Körper wehrt sich mit Sonnenbrand, Überhitzung und
Wehwehchen. So lege ich mich in einem endlich Schatten anbietenden Park bei
Faido 30min bei Sekt auf eine Bank, wobei mich wieder Edi + P&P
überholen.
Im Zielort auf 615m gibt es nichtmal einen Supermarkt, so dass ich das
Flüssigkeitsdefizit über Nacht nicht ausgleichen kann.
Beim Abendessen wird mir nach den Nudeln übel, so dass der zweite Gang
nicht, aber das Dessert wieder geht. Da mein Körper mir eindeutige
Signale gibt, beschliesse ich bereits, am folgenden Tag nur Halbdistanz zu
laufen. Nachts fühle ich sogar eine schmerzhafte Beule am Kopf,
kann mich aber nicht erinnern, mich irgendwo gestossen zu haben.
Hinter Göschenen durch Felsen bergauf zum Soworow-Denkmal *2
Dei imposante Teufelsbrücke mit Gasthaus *2
am höchsten Punkt des Gotthardpasses : 2109m *2
dann über Serpentinen steil bergab *2
ich bin etwas stolz *2
Pause unterm Wasserfall von Faido *2
Erkenntnis des Tages : Auch die Schweizer lieben Gartenzwerge !
Wegen der zu erwartenden Hitze starten wir bereits um 7:30h. Doch auch damit
sind wir nur die ersten 1:30h im Schatten der Bergketten, dann reicht die
Kühlung durch Wasser von aussen nicht mehr, um die Körpertemperatur
niedrig zu halten. Zum Glück kommt nach der Querung einer
Autobahnauffahrt ein schattiger Naturpfad auf grossen Steinblöcken am
Ticino-Ufer. Mein Shin-Splint schwillt bedenklich an und bei einer
Eiskaffee-Pause spendet mir der überholende Thomas L. ein Tape zum
Verbinden.
Ich bin froh, dass ich nur noch bis zum VP bei Esther muss und nicht mehr
auf die zweite weniger schattige und dann noch ansteigende Hälfte (in
5km von 205m auf 555m, dann die letzten 2km wieder runter auf 470m) !
Da die Mehrheit sagt, dass Druck bei Shin-Splint schlecht sei, nehme
ich das Tape abends bereits wieder ab.
nach 4 Etappen: Scheuerstelle an rechter Ferse : sieht schlimmer
aus als es ist *2
Esther hat ein nettes schattiges VP-Plätzchen, wo
ich meinen Fuss im Fluss kühlen kann *2
Die harmonische Runde beim Abendessen im Hotel *2
Erkenntnis des Tages : Die Schweizer haben unheimlich viele Baustellen,
oft mit manuellen Verkehrseinweisern und bei uns wegrationaliserte
Gemeindearbeiter.
Wieder starten wir um 7:30h und sind am Anfang oft im Bergschatten.
Es geht talwärts durch Industriegebiete bis zum Luganer See auf 270m.
Als bis dort immer noch kein Brunnen kommt, bettle ich an einer
Restaurantküche ums Auffüllen meiner Wasserflaschen. Dann folgt die
mondäne palmenbewachsene Uferstrasse, zum Glück auch weitgehend
schattig. Ich mache nochmals Sektpause bevor ich an meinem Tagesziel dem VP
bei Esther als letzter (denn Christian startete bereits um 7:00h) eintreffe.
Wieder wäre die zweite Tageshälfte nach weiteren traumhaften
Uferkilometern (bis km 40) mit schattenloser Pampa und einem heftigen
Schlussanstieg (in 1.8km von 275m auf 515m) weniger attraktiv gewesen.
So fahre ich mit Esther im Auto dorthin und erlebe alle Zieleinläufe.
Erstkontakt bei km 18 mit dem Luganer See *2
Esthers VP bei km 26.1 am Strandbad Arbostora *2
Esther geht im warmen Wasser schwimmen *2
herrliche Ausblicke aus dem Auto *2
mit sichtbar geschwollenem rechten Schienbein am Punto sud CH *2
wo alle Finisher relativ dicht eintreffen *2
Erkenntnis des Tages : Die Schweizer Bahn ist nicht so pünktlich
wie Schweizer Uhren oder wie erwartet.
Mein Fazit
Von der Schweiz habe ich sehr viele Facetten gesehen - der Lauf sowie Strecke
und Markierung ist absolut empfehlenswert. Für mich war es eher
Urlaubslauf, trotzdem ist es eine Qual, wenn man nicht durchlaufen kann und
sich daher umso länger in der Hitze befindet.
Meine Knie, die Ursache des reduzierten Trainings, schmerzten hier selbst
nach einem 6-Tages-Lauf kein bisschen, was ich auf die hervorragende
Dämpfung meiner hierfür neu gekauften Decathlon-Trailschuhe
zurückführe !
Mit solchen Vorbedingungen macht so ein Wettkampf wenig Sinn, so dass dies
evtl. mein letzter Ultralauf war. Mein Schienbein ist auch eine Woche danach
noch dick geschwollen, und die "Beule" nach Etappe 4 hat sich dann durch
Hautfetzen als Sonnenbrand herausgestellt.
Aus der Gesamtwertung flog ich natürlich raus aber ich behalte die
tollen Landschaften und vielen Bilder in angenehmer Gesellschaft
in Erinnerung. Es war eine harmonische Runde !